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2021 Corona Kommentar

2021 – Reise ins Ungewisse

Allen Freunden und Lesern zunächst der Wunsch auf ein hoffentlich gutes Jahr. Ein Wunsch, der sich in der augenblicklichen Situation eigentlich nur im Konjunktiv ehrlich ausdrücken lässt. Tägliche Meldungen über erschreckende Todesraten scheinen wohl zunächst die erste Gewissheit von 2021 zu sein. In diesem Punkt werden die Medien vorerst von Reportern beflügelt. Die Berichterstattung über Folgen und den Umgang mit der Seuche, sowie die sozialpsychologischen Betrachtungen abweichenden Verhaltens Einzelner und gesichtsloser Massen gehören jetzt zum täglichen Leben. Über diese statierenden Darstellungen hinaus lohnt sich die Beobachtung der journalistischen Veröffentlichungen. Nicht jede Zeit bietet soviel Meinungsfreiheit wie die jetzige. Das Fehlen sicherer Fundamente erlaubt Interpretationen und Spekulationen. Grob lassen die sich kategorisieren in jene, die sich an der Art der Bekämpfung der Seuche abarbeiten, einschließlich der Spekulation des „hätte man….“. Dann diejenigen, die sich berufen fühlen die Zukunft zu wahrsagen und daraus Notwenigkeiten für das Jetzt postulieren. Letztlich jene, die nichthinterfragte Moralvorstellungen transportieren. Das nicht ausreichend kommentierte Interview gehört hier insbesondere zur letzteren Kategorie, die ich für die gefährlichste halte. Denn wenn in den digitalen Medien sich Akteure, Lokalpolitiker und selbst Verwaltungsleute sich ob ihres „unbeschreiblichen“ Einsatzes ordentlich auf die Schultern klopfen und oft schwer erkennbar ist, was eigentlich zur bezahlten Pflichtaufgabe gehört, ist dies als sozialpsychologisches Phänomen gut wegzustecken. Die Krise gibt halt auch jedem Rädchen im Gefüge eine Aufmerksamkeit, die den Anlaß braucht. Hiermit sind natürlich nicht die berechtigten Hilfeschreie jener gemeint, die unter Druck, und hier Leidensdruck, Mißstände in die Öffentlichkeit bringen. Eine Klage ist kein Tagebucheintrag im Stile verhinderter Kriegsberichterstatter.

Gefährlich wird diese letzte Kategorie dort, wo Politiker und Entscheidungsträger ethische Maßstäbe verwerfen und den Wert von Leben neu bestimmen wollen. Also lässig die Werte des Wirtschaftsablaufs über die Zahl der Seuchenopfer stellen. Dort wird ein Tabu gebrochen, das Widerspruch und Widerstand notwendig macht. Ich hätte da beispielsweise einen lauten Aufschrei in der CDU erwartet, als Schäuble in diese Richtung fabulierte. Wir gehen 2021 in ein Wahljahr und der Bürger wird entscheiden müssen, wer die grundgesetzlich bestimmte Norm des Lebensschutzes ernst genommen hat und nimmt.

Nein, Gewissheiten sind 2021 nur in der Realität zu finden. Es wird eine politische und gesellschaftswissenschaftliche Herausforderung, sich gegen Dummheit und Aberglauben zu stemmen. Letztere lehnen stets die Verantwortlichkeit für deren Folgen ab und verletzen damit die Grundrechte der Anderen.

Bleiben Sie gesund, schützen Sie sich und nutzen Sie den Verstand als Maßstab. Ansonsten bleibt uns nur die ungewisse Hoffnung.

Hol di munter, sagt der Ostfriese, auch wenn es stürmt.

Alles Gute in 2021

Hans-Joachim Steinsiek