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Corona Korea

Wieviel Todesfälle wären in Deutschland vermeidbar gewesen?

Korea hat seit dem Beginn der Coronapandemie eine klare Strategie verfolgt und derzeit eine vergleichsweise geringe Todesrate im Kontext der Infektionen

Die Todesrate in Deutschland im Zusammenhang mit Coronainfektionen hat nunmehr weit über 70.000 Fälle erreicht und steigt nicht voraussehbar weiter. Deutschland hat ca. über 80 Millionen Einwohner und das ferne Südkorea über 50 Millionen. Dort beklagt man bis heute noch weniger als 2000 Todesfälle.

Fest steht, dass Korea mit seinen Chinakontakten extrem gefährdet war und zeitlich eher betroffen als Deutschland. Zu Beginn der Epidemie reagierte Südkorea in einer Schnelligkeit, die wahrscheinlich vielen Menschen das Leben rettete. In Europa zunächst als Überaktionismus in der Ferne eher belächelt, dürfte sich heute die Richtigkeit jenes Handelns in den oben aufgeführten Zahlen widerspiegeln. Lange bevor die Situation in Deutschland kritisch wurde, hatte man in Südkorea auf der Regierungsebene richtungsweisende Entscheidungen getroffen, die konsequent umgesetzt wurden. Diese Maßnahmen liegen in englischer Sprache publiziert vor und hätten jedem interessierten westlichen Politiker als Handleitung dienen können. Wir veröffentlichen hier diese Publikation der südkoreanischen Regierung, in der alle Fakten und Maßnahmen mit Grafiken unterlegt einsehbar sind:

http://die-erle.de/wp-content/uploads/2021/04/★★ALLABOUTKOREASRESPONSETOCOVID-19-1.pdf Aerosole lassen sich durch Desinfektionsmaßnahmen erreichen

Auf 240 Seiten wird hier dargestellt worauf das Erfolgsgeheimnis des Landes beruht. Testung, Überwachung und Desinfektion, sowie eine Bevölkerung, die diese Maßnahmen weitgehend mit Einsicht trägt.

Seit Beginn groß angelegte Testmöglichkeiten um eine Übersicht über die Verbreitung zu erhalten war die Grundlage für weitere Entscheidungen

Derzeit diskutiert man in Deutschland über den weiteren Weg aus der Krise, die gesamtgesellschaftlich als Katastrophe beschrieben werden kann. Neben dem angedachten verstärkten Lockdown setzen sich alle Hoffnungen auf die Wirkung von höheren Impfraten. Mediziner verzweifeln über die Ignoranz in Politik und Gesellschaft und der Coronakrieg in einem Wahljahr machen die Entschlossenheit politischen Handelns nicht leicht. Kann man schon heute die Frage nach der Verantwortlichkeit für den hohen Zoll in den Todesraten stellen und lässt sich verzögertes und inkonsequentes Regieren hier in Bezug bringen? Ich glaube ja. Der zwischenstaatliche Vergleich ist nicht wegzuleugnen und eine Relativierung mit den hohen oder höheren Todesraten in anderen Ländern verdrängt die Verantwortungsfrage. Es ist die Aufgabe eines Staates seine Bürger zu schützen. Auch vor denen, die mangels Intelligenz oder Einsichtsfähigkeit ihre private Freiheit zu Lasten der Gefährdung anderer Bürger fehlinterpretieren. Erstaunlich ein europäischer Richterspruch, der heute sogar die Impfpflicht als zulässige staatliche Maßnahme sieht.

Auf dem Wege zur Testung. Korea bietet im Verdachtsfall den Betroffenen optimale Hilfe, wie hier der Transport zur Teststation

Südkorea hat sehr stark auf die Mitwirkung und Akzeptanz seiner Bürger gesetzt. Entsprechend wurden auch früh alle Hilfestellungen angeboten, um der eigenen Planung gerecht zu werden. Dazu gehörte auch die massive Mobilisierung von Personal. U. a. wurden Soldaten und Krankenschwesterschülerinnen in großer Zahl eingesetzt. Das strikte Programm ermöglichte der Bevölkerung eine vergleichbar freie Fortführung des Alltagslebens mit Auflagen. Jeder Quarantänefall erhält ein Versorgungspaket vor die Türe gestellt, Proviant und Desinfektionsmittel in ausreichendem Maß. Personale Betreuung per Telefon sind ebenso selbstverständlich, wie die Desinfektion von Flächen und Hinweise auf Vorsichtsmaßnahmen via App für die anliegenden Mitbürger.

Teststationen können jederzeit kostenfrei in Anspruch genommen werden. Verdachtsfälle werden isoliert von daheim abgeholt. Daneben gibt es Stationen, die mit dem Fahrzeug als „drive-in“ angefahren werden können. Ergebnis dann per App oder Telefon, ebenfalls kostenfrei.
Die Bevölkerung wird über die Medien aufgefordert, sich bei Auftreten verdächtiger Symptome testen zu lassen. Dieses Angebot gab es bereits seit Anfang 2020.

Während es in Deutschland zu Beginn noch als „Verschwendung von Testkapazität“ galt, setzte Korea konseqent auf Stichprobentestungen um ein besseres Gesamtbild der Epidemie zu erhalten. Eine Strategie, die sich neben den intensiven Desinfektionsbemühungen wohl mit für die niedrigen Sterberate dienlich war. Verlässliche und konsequente Desinfektionen sind selbst in Deutschlands Schulen eher Zufallsfunde, was bei Koreanern auf Unverständnis stößt.

Der Verfasser, der jährlich für längere Zeit in Korea weilt, hier beim Transport zur Teststation in einem dafür gestellten Krankenwagen. In 2021 war es nur Journalisten mit besonderen Auflagen möglich nach Korea einzureisen. Bedingung war u. a. eine 14tägige freiwillige Quarantäne im Wohnort.

Mittlerweilen findet in Deutschland eine Diskussion darüber statt, ob der Bund mehr Kompetenzen gegenüber der Ländervielfalt erhalten sollte. Fest steht jedenfalls, dass sich ein Krieg nicht in zersplitterter Formation gewinnen lässt. Corona ist ein Feldzug, der nur in globaler Taktik gewonnen werden kann und das Verlassen einer pur eurozentrischen Sicht- und Denkweise würde zweifelsohne Menschenleben retten. Es wäre Erkenntnis möglich gewesen, wenn man sie gesucht hätte.

Ein Vorbericht zum Thema findet sich hier.

(stk)